Tour de Suisse 2014
Die 26 Kantone und Ihre Hauptorte per Rad
Wer kennt sie nicht, unsere 26 Kantone und ihre Hauptorte. Aber Hand aufs Herz, wer war schon in allen unseren Kantonshauptorten und kennt die Sehenswürdigkeiten vor Ort? Ich nicht, und darum habe ich mich entschlossen in diesem Sommer mit meinem Tourenrad sämtliche Hauptorte zu bereisen. Nach meiner Radtour ans Nordkap im Jahr 2011 war dies nun meine zweite grosse Tourenradreise.
1. Reisetag 14. Juni 2014 / 114 km
Sarnen – Stans – Luzern – Schwyz – Altdorf – Urigen
Mein voll beladenes Aarios Tourenrad war startklar und auch war bereit für das Abenteuer. Top motiviert startete ich zu meiner eigenen Tour de Suisse und pedalte los hinauf nach Kerns und dann nach Stans. Ich war noch nicht eine Stunde unterwegs und hatte bereits am Allweg meine erste Panne; die Kette war draussen! Nach zwei drei Handgriffen war alles wieder dort, wo es sein musste, und es ging runter nach Stans. Der erste Hauptort war somit erreicht! Via Dorfplatz gings dann rauf zum Winkelried Denkmal, nebst dem Stanserhorn die Hauptsehenswürdigkeit von Stans.
Mein Weg führte mich nun über die Achereggbrücke nach Luzern. Der zweite Hauptort war auch schon bald erreicht! Ich mischte mich unter die zahlreichen Touristen, machte ein Foto von der faszinierenden Kappelbrücke mit dem Wasserturm und den Chateau Gütsch im Hintergrund. Was für eine aussergewöhnliche Stadt Luzern doch ist. Meine Sightseeingtour führte mich weiter zum Löwendenkmal. Ich darf das ja fast nicht sagen, aber ich war zum ersten Mal dort! Nach einigen Minuten verliess ich den sterbenden Löwen und fuhr dem See entlang nach Küssnacht am Rigi. Auch dort gab es für mich eine touristische Premiere. Ich war zum ersten Mal in der Holen Gasse!
Schon bald pedalte ich dann dem Zugersee entlang nach Goldau. Nachdem ich auch den idyllischen Lauerzersee hinter mir liess folgte der dritte Hauptort: Schwyz. Auf dem Dorfplatz bestaunte ich das Rathaus mit der wunderschönen Fassadenmalerei, welche die Schlacht am Morgarten darstellt. Nach einem kurzen Boxenstopp ging die Fahrt weiter nach Brunnen zur Axenstrasse. Der Wegweiser kurz nach Brunnen, auf dem folgendes stad: „Gefährliche Radstrecke, Radfahrer nehmen besser die Bahn oder das Schiff“, irritierte mich für einen kurzen Moment. Natürlich gibt es bessere und sicherere Radwege aber die Aussicht auf den See ist doch einfach atemberaubend! Mitten durch den Felsen und über dem Vierwaldstättersee erreichte ich bald den Kanton Uri. Mittlerweilen war die Sonne verschwunden und düstere Wolken waren am Horizont zu sehen. Diese hielten mich aber auch nicht auf und so fuhr ich wenig später in Altdorf ein, Hauptort Nummer vier!
Nachdem ich auch das Tell Denkmal fotografiert hatte, folgte nun das letzte Teilstück des heutigen Tages, der 25 Kilometer lange Aufstieg zum Klausenpass. Natürlich war ich bereits etwas müde von den ersten 90 Kilometern aber ich nahm die Steigung mit viel Optimismus und Freude in Angriff. Doch bereits nach wenigen steilen Aufstiegsmetern musste ich bereits in Bürglen eine Pause einlegen. So quälte ich mich weiter den Berg hinauf, Meter für Meter. Mein Tagesziel war das alte, legendäre Klausenpasshotel. Ich hatte dort ein Zimmer reserviert! Es fehlten nur wenige Kilometer aber noch einige Höhenmeter als mich meine letzten Kräfte verliessen. So war ich völlig erschöpft und leer vom Rad gestiegen irgendwo zwischen Unterschächen und der Passhöhe. Nach einer kurzen Krisensitzung entschied ich mich mein Gepäck abzuladen und mein Tourenrad bei einem kleinen Gaden zu parkieren. Wie ein Verkehrspolizist hielt ich das erste entgegenkommende Fahrzeug auf und fragte um eine Mitfahrgelegenheit bis zum Hotel. Eine junge Urner Familie hatte Mitleid mit mir und hat mich aufgeladen. So fuhr ich die letzten Kilometer im Auto nach oben. Der Entscheid war goldrichtig. Denn bereits nach zwei Kurven hat es begonnen zu regnen. So bin ich an meinem Tagesziel angekommen und habe es mir im Hotel bequem gemacht und habe mich von den Strapazen gut erholt.
2. Reisetag 15. Juni 2014 / 120 km / Total 234 km
Urigen – Klausenpass – Glarus – Sargans – Chur
Neuer Tag, frische Kräfte und wieder voll motiviert. Mein Plan war es nun mit dem Postauto bis zu meinem Rad zu fahren und dann die restliche Strecke bis zur Passhöhe zu absolvieren. Doch leider habe ich beim Frühstück erfahren, dass das Postauto erst ab nächster Woche von der Passhöhe fährt. Super!!! Die Taktik war wie folgt: Zu Fuss bergab und das erste Auto werde ich wieder aufhalten. Mein Spaziergang dauerte etwas länger als geplant, dann es kamen mir nur Autos entgegen. Nach einer halben Stunde wurde ich dann doch noch erlöst. Ein Mercedes Cabriolet mit belgischem Kennzeichen habe ich zum Halt aufgefordert. Der nette Herr zögerte nicht und hat mich aufgeladen. Ich erzählte ihm mein Maleur vom Vortag und berichtete mir, dass auf dem Weg nach Österreich sei. Wir plauderten und fuhren, bis ich plötzlich bemerkte, dass wir bereits an meinem Velo vorbeigefahren waren. Mit einer gekonnten Dreipunktewendung wendete mit Taxifahrer seinen Mercedes und es ging wieder bergauf bis zu meinem Aarios Tourenrad. So nun konnte meine Reise wie geplant wieder weiter gehen. Die letzten Kilometer bis zur Passhöhe verliefen ohne Probleme und spürte, dass ich wieder gute und fite Beine hatte. Kurz vor 11 Uhr war ich auf der Passhöhe auf 1978 m.ü.M. Nachdem ich mich wärmer angezogen hatte, gings dann rasant den Berg runter. Ich genoss die Abfahrt runter ins Linthtal. Mein Weg führte nun immer schön der Linth entlang nach Glarus. Es war ein schöner Radweg abseits vom Verkehr und in Mitten der faszinierenden Glarner Natur. Auffallend waren auch die vielen alten Firmengebäude, die noch leer und zerfallen in der Landschaft stehen.
Mit Glarus erreichte ich den nächsten Hauptort und schaltete eine Mittagspause ein. Als Wahrzeichen der Stadt wird die .. Kirche sowie der Landsgemeindeplatz angegeben. Ich bemerkte jedoch erst bei der zweiten Durchfahrt, dass ich nun auf dem Glarner Landsgemeindeplatz war. Ein grosser Kiesplatz und die Häuser im Hintergrund waren nicht so beeindruckend, wie es immer im Fernsehen scheint. Vielleicht habe ich das auch mit Appenzell verwechselt. Die Fahrt ging weiter am idyllischen Walensee entlang. Zwischen See und Autobahn schlängelte sich der Radweg, mal rauf, mal runter und mal wieder durch ein Radwegtunnel! In Walenstadt traf ich einen Asiaten, der ebenfalls mit seinem Tourenrad unterwegs war. Er hatte eine defekte Hinterbremse und im Hinterrad fehlte eine Speiche die er in der Hand hielt. Er hat mich angesprochen aber ich habe nichts verstanden. Er sprach kein Englisch und Deutsch und seine asiatische Sprache verstand ich nicht. Ich habe ihm empfohlen am nächsten Tag zu einem Mechaniker zu gehen, weiss aber nicht ob er mich verstanden hat. Auf jeden Fall wollte ich zügig weiter, denn um 18 Uhr spielte die Fussball Nati das erste Spiel an der WM gegen Equador, das ich nicht verpassen wollte.
Wieder auf einem herrlichen Radweg gings an der Burg in Sargans vorbei durch Bad Ragaz zum heutigen Etappenort Chur. Das Wetter war heute sehr angenehm, deshalb entschloss ich mich heute mein Zelt auf dem Campingplatz aufzuschlagen. Aber zuerst gönnte ich mir einen Hamburger im WM Stübli auf dem Camping. Die erste Halbzeit habe ich am Radio mitverfolgt und nun konnte ich live mitfiebern. Was für ein Happyend, Sieg in der Nachspielzeit, Riesenjubel und tolle Stimmung. Glücklich stellte ich mein Zelt auf und kochte mir noch eine Portion Pasta. Kohlenhydrate sind wichtig, damit die Beine für den nächsten Tag wieder voller Kräfte sind, schliesslich stand der San Bernardino auf dem Programm.
3. Reisetag 16. Juni 2014 / 85 km / Total 319 km
Chur – Thusis – Viamala – Hinterrhein – San Bernardino Pass – San Bernardino
Was für ein toller Montagmorgen. Die Sonne scheint, wunderbar geschlafen und der Höhepunkt meiner Tour wartet heute auf mich, der San Bernardino. Nachdem ich meine sieben Sachen zusammengepackt hatte und mich noch mit einem Schoggigipfel gestärkt hatte, ging es zuerst in die Altstadt von Chur. Malerische Gassen und historische Gebäude wie die Kathedrale oder auch der Bischöfliche Hof oder Blick hinauf zum Churer Hausberg Brambrüesch. Nach diesem faszinierenden Stadtrundgang ging die Reise weiter dem Rhein entlang nach Thusis. Kurz nach Chur überholte mich ein LKW der Pilatus Getränke AG und das im Land von Valser, Rhäzünser und Calanda!
In Thusis gönnte ich mir eine nahrhafte Bündner Gerstensuppe bevor es dann in die Viamalaschlucht ging. Die Strasse wurde steiler, das Tal enger und die Landschaft noch eindrücklicher. Einfach faszinierend die Berglandschaft, das entgegenkommende Wasser vom Hinterrhein. Am idyllischen Sufner See machte ich einen Halt, verpflegte mich, ruhte mich etwas aus und genoss das Alpenpanorama. Die nächsten Ortschaften waren Nufenen, Splügen und Hinterrhein, von wo aus auf den letzten 8 Kilometern nochmals 450 Höhenmeter zu überwinden gab. Die Autobahn führte nun durchs Tunnel und mein Weg schlängelte sich Spitzkehre um Spitzkehre den Berg hinauf immer weiter. Die Landschaft wurde karger und rauer, Schneefelder waren am Strassenrand zu sehen und die Temperaturen waren schon etwas kühler. Ziemlich erschöpf aber sehr dankbar und stolz erreichte ich kurz vor 19 Uhr die Passhöhe auf 2066 M.ü.M. Das war zugleich Metermässig der Höhepunkt meiner Tour de Suisse. Nach einem Tenuewechsel, ich habe mir sogar die Winterhandschuhe und eine Kappe angezogen, folgte eine atemberaubende Abfahrt. Der Lohn für die Aufstiegsstrapazen. Kurz vor der Ortschaft San Bernardino fuhr ich beim Zeltplatz vorbei. Innerhalb von Sekundenbruchteilen entschied ich mich, die heutige Nacht nicht im Zelt zu verbringen, irgendwie war es mir einfach zu kalt. So liess ich den Camping links liegen und schnappte mir in San Bernardino ein Hotelzimmer.
Was für eine Gastfreundschaft. Ich wurde gleich mit einem Apero begrüsst, Sangria und belegte Brötchen stillten meine ersten Essgelüste. Die Wirtin Ramona, sprach weder Deutsch noch Englisch so unterhielt wir uns irgendwie auf Italienisch. Es gab ein richtiges Radlermenu, Tagliatelle mit Pouletschnitzel und Gemüse. Dan gings zeitig ins warme Hotelzimmer und ins weiche Bett.
4. Reisetag 17. Juni 2014 / 116 km / Total 435 km
San Bernardino – Bellinzona – Locarno – Centovalli – Domodossola
Das Wetter war heute nicht so freundlich, dafür empfing mich Ramona mit einem strahlenden Lächeln zum Frühstück. Voll motiviert und gut gestärkt ging die Fahrt weiter runter durchs Valle Mesolcina zum nächsten Hauptort Bellinzona. Buongiorno Ticino! Bellinzona überraschte mich mit einer wunderschönen Altstadt mit vielen schönen Häusern und natürlich mit dem typischen südländischen Ambiente. Imposant thront das Castelgrande über der Stadt. Weiter gings dem Ticino entlang durch die Magadinoebene nach Locarno, die Stadt am Lago Maggiore mit dem typischen südländischen Flair und der weltbekannten Piazza Grande.
Auf einer Parkbank am See genoss ich mein Picknick und stärkte mich für die nächsten Kilometer. Doch genau jetzt, in der Sonnenstube der Schweiz, hat es begonnen zur regnen! Nach einem Abstecher nach Ascona führte der Weg durchs Centovalli. Was für eine Landschaft mit den abenteuerlichen Strassen die durch Wälder und Täler führten, immer rauf und auch wieder runter. Man fährt einsam in der Wildnis und erreicht ab und zu wieder ein kleines Dorf. Einsam ist doch etwas übertrieben, denn der Verkehr ist enorm durch dieses Tal mit seinen schmalen und steilen Strassen. Durch dieses abenteurliche Tal wurde ich von der bekannten Centovalli Bahn begleitet. So erreichte ich bald den ehemaligen Grenzposten, ein Geisterhaus verlottert und eine Bauruine. So nun war ich in Italien, im Piemont doch der Rest blieb gleich wie in der Schweiz.
Nach einem Waldstück kam ich in das 770 Seelendorf Re und war sehr beeindruckt von der imposanten Wallfahrtskirche. Eine unglaublich grosse und eindrückliche Kirche mitten im Dorf. Die Strasse führt um die Kirche herum. Das Bauwerk wurde mehrmals vergrössert weil sehr viele Pilger ins Dorf kamen um das Wunder von Re zu feiern. Wenig später erreichte ich die Passhöhe in Santa Maria Maggiore mit 816 M.ü.M. Der Regen prasselte nun heftiger auf die Strasse, doch das trübte meine Freude über kurze aber rasante Abfahrt hinunter nach Domodossola nicht. In Domodossola fand ich ein kleines Familienhotel indem ich mich für diese Nacht niederlies. Als ich mich frisch geduscht in die Altstadt begab, schien nun bereits wieder die Sonne. Meinen Kohlenhydratespeicher füllte ich zuerst mit einer Portion Spaghetti Indiana (mit roten Curry) und anschliessend verzerrte ich eine Pizza mit Spinat und Ei. Der Magen war bis auf den letzten Millimeter vollgefüllt.
5. Reisetag 18. Juni 2014 / 85 km / Total 520 km
Domodossola – Gondo – Simplonpass – Brig – Visp – Raron
Heute stand der Simplonpass auf dem Programm. Nach einem reichhaltigen Frühstück und einem interessanten Gespräch mit dem Hotelbesitzer, habe ich meinen treuen Begleiter wieder beladen. Voller Zuversicht fuhr ich hinauf durchs Val Divedro Richtung Schweizer Grenze. Das Wetter war sehr wechselhaft, die Temperatur frisch, aber wenigstens war es trocken. Schon bald passierte ich die Grenze und war nun wieder in der Schweiz. Der Weg führte steil empor nach Gondo und durch die faszinierende Gondoschlucht. Der Verkehr war jedoch alles andere als faszinierend. Sehr viele LKW’s überholten mich oder kamen mir entgegen. Unglaublich was da alles über die Passstrasse donnert. Einer wollte mich sogar abschiessen, als er überholte und mich einfach von der Strasse in den Strassengraben auf der Seite beförderte. Da hatte ich wirklich Glück. Als Radfahrer bist du das schwächste Glied auf der Strasse und für den motorisierten Verkehr ein ständiges Hindernis. Als ich wenig später in einer langgezogenen Galerie auf dem schmalen Trottoir fahren wollte, hatte ich mich überschätzt. Ich verlor das Gleichgewicht und kippte vom Trottoir und lag nun plötzlich mitten auf der Strasse. Blitzschnell bin ich aufgestanden habe mein Rad wieder bestiegen und bin sofort weiter gefahren. Uff, das hätte sehr böse enden können, zum Glück kam in diesem Moment kein Fahrzeug. Schon wieder hatte ich einen Schutzengel! Die Strasse führte durch eine faszinierende Bergwelt. Das Wetter veränderte sich nun und es begann leicht zu regnen, was blieb war die steile Bergstrasse.
Stolz und sehr zufrieden erreichte ich das Hospiz auf 2005 m.ü.M. Auf dem Höhepunkt zeigten nun auch die Wetterkapriolen ihren Höhepunkt. Es stürmt und regnete und war eisig kalt. Zeit für eine Kaffeepause und etwas Süsses. Nach einer Stunde kam bereits wieder die Sonne zum Vorschein und so habe ich mich für die wohl verdiente Abfahrt bereit gemacht. Was für ein tolles Gefühl, nachdem es stundenlang aufwärts ging, brauste ich nun ins Tal hinunter. Auf der atemberaubenden und gigantischen Ganterbrücke stockte mir aber plötzlich der Atem. In voller Fahrt fegte eine Windböe durchs Tal und mein Rad kam so ziemlich ins Schwanken. Mit etwas Glück und viel Routine konnte ich einen Sturz verhindern.
In Brig war es sommerlich warm, doch der Wind war geblieben. Die Fahrt ging nun weiter das Tal hinunter mit einem unbequemen und starken Gegenwind. Nachdem ich mich nochmals eine Stunde abgequält hatte, entschied ich mich in Raron mein Zelt aufzuschlagen und hoffte für den nächsten Tag auf weniger Gegenwind. Campieren ist einfach abenteuerlich aber natürlich nicht so bequem, wie in einem Hotel. Zum Abendessen habe ich mir einen Dreigänger gekocht. Zuerst gab es eine Suppe, dann eine grosse Dose Ravioli und zum Dessert noch etwas Süsses. So zog ich mich satt und zufrieden in mein Zelt zurück und verkroch mich in meinem warmen Schlafsack.
6 .Reisetag 19. Juni 2014 / 146 km / Total 666 km
Raron – Sion – Martigny – Evian
Nachdem gestern mein Schutzengel mehrmals eingreifen musste, hoffte ich heute auf einen ruhigeren Tag. Um 9.15 Uhr hatte ich alles zusammengepackt und aufgeladen und los ging die Fahrt der Rhone entlang nach Sion. Doch schon bald musste ich eine Zwangspause einlegen. In Niedergampel war die Strasse gesperrt wegen der Frohnleichnamsprozession. Ich nutzte den Halt für eine kurze Verpflegung und radelte anschliessend weiter das Wallis hinunter nach Sierre. Und schon bald sah ich von weitem die beiden Wahrzeichen von Sion auf den Felsen thronen, das Schloss Tourbillon und die Festungskirche Valère. Die beiden imposanten Bauwerke kamen immer näher und schon bald war ich im Walliser Hauptort Sion angekommen. Ich begab mich in die historische und malerische Altstadt und landete zum Schluss auf dem bekannten Place de la Planta, auf dem die Walliser ihre Feste und Grossanlässe feiern. Natürlich durfte ich auch ihn Sion der Frohnleichnamsprozession beiwohnen die um Punkt zwölf Uhr durch die Altstadt führte. Nach all den tollen Eindrücken gings runter zum Bahnhof, wo ich mir ein Schnitzelbrot und sonst noch allerlei Essbares einkaufte. Wenige Zeit später kam ein Passant auf mich zu und schenkte mir einen Energieriegel. Auf Französisch erklärte er mir, dass er den Riegel im Bahnhofshopping gekauft habe, und mir die Energie für meine harte Weiterreise schenken wolle. Eine nette und überraschende Geste, die ich gerne annahm.
Voll gestärkt und bei strahlendem Sonnenschein ging es nun weiter Richtung Martingny und zum Genfersee. Der Radweg verlief nun immer schön der Rhone entlang wunderbar in Mitten der Natur eingebettet. Es war traumhaft schön, wenn da nur nicht dieser Gegenwind gewesen wäre. Unglaublich wie nun der Wind gegen mich arbeitet. Das Wallis ist ein Windkanal! Ich kämpfte mich durchs Unterwallis durch Martigny, St. Maurice bis ich in Bouveret den Genfersee erreichte. Nachdem ich nun Kilometer für Kilometer der Rhone entlang fuhr, ist sie nun plötzlich im Lac Leman verschwunden. Eine wunderschöne Kulisse präsentierte sich mir. Es kam mir vor, als ob ich das Meer erreicht hätte. Die Route führte mich nun auf der unteren Genfersee auf französischer Seite nach Evian. Eine sehr schöne Gegend direkt am See und mit vielen luxuriösen und imposanten Villen am Wegrand. Gegen 19 Uhr erreichte ich den Nobelort Evian. Ich war überrascht von all den noblen Bauwerken und Häusern, plötzlich war ich in einer anderen Welt. Die besten Hotels direkt am See, das Hilton, das Savoy und viele mehr. Und ich entschied mich bescheiden wie ich bin, mein Zelt auf dem Campingplatz ausserhalb von Evian aufzuschlagen. Für 10 Euro hatte ich ein tolles Plätzchen nahe am See.
Nach dieser langen aber sehr schönen Etappe gönnte ich mir in einer nahe gelegenen Pizzeria als Vorspeise selber gemachte Fusilli und zum Hauptgang ein Entrecote mit Pommes. Es war einfach himmlisch gut. Es ist unglaublich was für Mengen auf so einer Velotour verdrückt werden. Ich bin schon wieder eine richtige Fressmaschine. Mit einem romantischen Sonnenuntergang ging ein erlebnisreicher Tag zu Ende.
7. Reisetag 20. Juni 2014 / 112 km / Total 778 km
Evian – Genf – Nyon – Lausanne
Was für ein herrlicher Tag, die Sonne strahlte am blauen Himmel. Ich kam mir tatsächlich vor wie in den Ferien am Meer, die Gegend hier ist wundervoll. Ohne Morgenessen startete ich in die heutige Etappe. Das ist unvernünftig, aber ich hatte gestern bei der Rückfahrt vom Nachtessen eine Bäckerei gesehen und dort war mein erster Halt noch einem Kilometer. Ich hatte nur noch 10 Euro und hoffte damit möglichst viel zu kaufen. Als ich die Preise sah, hat es mir fast das Herz zerrissen vor Freude. Ich habe ein Baguette und drei grosse Süssgebäcke gekauft und das für unglaubliche 3.35 Euro! Bei uns hätten die 10 Euro nicht gereicht. So genoss ich ein frisches und genussvolles Frühstück im Freien, bevor es dann richtig ab ging. Die nächste sehenswerte Stadt war Thonon-les-Bains. Der Ort bietet eine hübsche und farbenprächtige Altstadt direkt am See. Nach dem kurzen Ausflug wollte ich weiter Richtung Genf, doch zuerst irrte ich umher und fand meine Strasse nicht. Plötzlich bemerkte ich, dass ich wieder die Farben der Autobahntafeln verwechselt hatte. In Frankreich sind diese blau, somit musste ich den grünen Tafeln folgen!
Die Strasse führte immer schön dem See entlang durch eine naturnahe, faszinierende Landschaft und vorbei an ausgewöhnlichen Villen und kleinen Schlössern. Kurz vor Mittag überquerte ich wieder voller Freude die Grenze und war nun wieder in der Schweiz oder besser gesagt „en Suisse“. Und schon war das weltbekannte Wahrzeichen der Stadt Genf zu sehen, der Jet’d Eau mit seiner mächtigen Wasserfontäne. Mein Picknick genoss ich am See, auf einer Parkbank unter einem Schatten spendenden Baum mit Aussicht auf die Stadt Genf. Frisch gestärkt machte ich eine Tour durch die Stadt. Genf ist eine sehr schöne und lebhafte Stadt, alle Strassencafés und Restaurants waren gefüllt und es herrschte eine ausgelassene Stimmung. Nach der Besichtigung des Reformationsdenkmals ging wieder zum See hinunter durch Englischen Garten und über die majestätische Pont du Mont-Blanc. So verliess ich nun Genf auf der anderen Seeseite. Bevor ich ganz aus der Stadt war machte ich noch einen Abstecher zum Palais des Nations, dem Sitz der Vereinten Nationen. Wunderschön wie all die bunten Flaggen der Staaten vor dem Palast ein farbenfrohes Bild ergaben.
Von Nyon führte der Weg über Rolle und Morges nach Lausanne. Mit dem Hauptort des Kantons Waadt hatte ich nun bereits den 10. Hauptort erreicht. Ich machte es mir heute wieder auf dem Campingplatz in Lausanne Vidy direkt am See bequem. Nach dem Duschen und dem Kleider waschen machte ich mich mit dem Bus auf den Weg in die Stadt. Ich spazierte durch das Altstadtquartier mit den stattlichen alten Häusern und im Herzen der Cité ragte die Lausanner Kathedrale majestätisch über der Stadt auf. Lausanne liegt am Hang und es entweder nach oben oder nach unten. So nun ging es aber wieder runter nach Lausanne Ouchy zum Public Viewing. Denn heute Abend spielt die Schweizer Nati ihr zweites WM Spiel gegen Frankreich. Tausende von Leute strömten in roten Shirts hoffnungsvoll auf den grossen Platz direkt am See. Was für eine Stimmung, was für ein Ort welch atemberaubende, euphorische Atmosphäre. Doch schon bald blieb mir der Aprikosenkuchen im Halsstecken, weil es bereits nach kurzer Zeit 2:0 für die Franzosen stand. Die Stimmung sank zum Nullpunkt, nur einige mutige Franzosen die sich in die Massen trauten schwenkten ihre Fahnen. So endete ein wunderschöner Tag mit einer grossen Enttäuschung.
8. Reisetag 21. Juni 2014 / 127 km / Total 905 km
Lausanne – Yverdon – Neuchatel – Murten – Düdingen
Der Frust vom Vorabend war bereits wieder vergessen als ich bei wunderbarem sonnigem Wetter wieder mein Rad unter den Hintern nehmen durfte. Der Radweg nach Yverdon war wundervoll und führte mich durch Wälder und Wiesen auf ruhigen Strassen abseits vom lärmigen und stickigen Autoverkehr. Dass es ständig rauf und runter ging, machte mir mittlerweilen nichts mehr aus. Ich genoss es in vollen Zügen und freute mich an diesem schönen Tag. In Yverdon legte ich einen Boxenstopp ein, als ich eine Bäckerei fand. Man steht da vor einer Auswahl und weiss nicht genau was man will und hat die Gewissheit, alles was ich esse werde ich in den nächsten Stunden wieder locker verbrennen.
So nun war ich bereits am Neuenburgersee, dem ich nun auf der linken Seite aufwärts nach Neuchatel folgte. Vorbei am Schloss Grandson, durch St-Aubin durch die Rebberge am Hang weiter nach Colombier und schlussendlich erreichte ich den nächsten Hauptort Neuchatel. Die Stadt liegt idyllisch am See und die weithin sichtbaren Wahrzeichen der Stadt sind das Schloss und die Kollegiatskirche, eine gotische, reformierte Kirche aus dem Mittelalter. Nach einer kurzen Pause am See ging die Fahrt bei glühender Nachmittagshitze weiter nach Ins und anschliessend nach Murten. Das mittelalterliche Städtchen mit dem Schloss und der Ringmauer liegt im schweizerischen Mittelland am Ufer des nach ihm benannten Sees. Mein Weg führte nun über einige Hügel auf und ab. Für die Strapazen wurde ich mit einem himmlischen Ausblick auf das Städtchen Murten und den Murtensee belohnt. Mit diesem sommerlichen Wetter habe ich mich heute wieder für ein Campingabendteuer entschieden. Ich schlug meine Zelte in Düdingen am Schiffenensee auf. Nach dem grossen Wasch gönnte ich mir ein abkühlendes Bad im See, bevor ich meinen Campingkocher in Betrieb nahm und die Bierdose aufmachte. Mit viel Pasta und einem süssen Dessert füllte ich wieder meinen Kohlenhydratespeicher.
9. Reisetag 22. Juni 2014 / 133 km / Total 1038 km
Düdingen – Fribourg – Bern – Solothurn – Balsthal – Moutier
Kurz vor neun erfolgte der Start in den neunten Reisetag. Der führte mich bei strahlendem Sonnenschein in die Zähringerstadt Fribourg. Eine wunderschöne, mitreissende Stadt mit den vielen schönen Altstadtquartieren und dem Wahrzeichen der Stadt, der Cathédrale St-Nicolas. Fribourg ist es gelungen, ein für Europa, einzigartiges, mittelalterliches Ortsbild zu erhalten. Etwas wehmütig verliess ich die Stadt mit vielen schönen Eindrücken. Und fuhr über Land durch das Senseland in die nächste Zähringerstadt, Bern. Noch immer verzaubert mich die Schweizer Hauptstadt mit ihrem Charme und ihrer faszinierenden Aussicht auf die Berner Alpen. Via Bundesplatz führe mein Trip durch die Altstadt mit den bekannten Laubengängen, zum Münster und zum Zytgloggeturm. Auf einer Laubentreppe machte ich es mir gemütlich und genoss mein Lunch und wurde neben den vielen Sehenswürdigkeiten auch zum Fotosujet einiger Asiaten.
Auf der Hauptstrasse Nummer 12 fuhr ich nun Richtung Solothurn. Da es heute Sonntag war, konnte ich es auf die Hauptstrasse wagen, denn am Sonntag sind keine Lastwagen unterwegs. Ich genoss die Fahrt und kam gut voran und erreichte bald den 14. Hauptort Solothurn. Die schöne Barockstadt mit dem Wahrzeihen, der St. Ursenkathedrale mit dem markanten Zwiebelturm, liegt direkt an der Aare. Während dem Halt in Solothurn musst ich mich nun entscheiden ob ich den direkten Weg ins Berner Jura über den Weissenstein nehme oder ob ich einen Umweg über Balsthal nehme. Meine Karte zeigte mir für den Weissenstein 22 Steigungsprozente an, das war dann doch etwas zu viel für mich und mein voll beladenes Fahrrad. So entschied ich mich die erste Jurakette zu umfahren und nahm den Umweg nach Oensingen gerne in Kauf. Von Oensingen führte die Strasse durch die enge Klus nach Balsthal wo sich nun zwischen der ersten und zweiten Jurakette ein breites Tal öffnete. So fuhr ich nun auf einem schönen Radweg das Tal hinauf nach Welschenrohr und Gansbrunnen bevor es dann hinunter nach Moutier ins Berner Jura ging.
In Moutier gönnte ich mir wieder einmal etwas Luxus und übernachtet im Hotel. Nach dem ganzen Afterbike-Programm habe ich mich im Hotel kulinarisch verwöhnen lassen. Zur Vorspeise wurde mir ein leckeres Steinpilzrisotto serviert und zum Hauptgang eine mega Portion Picatta Milanese mit Spaghetti. Mhhhhh.
10. Reisetag 23. Juni 2014 / 122 km / Total 1160 km
Moutier – Delémont – Laufen – Basel – Liestal – Schafmatt – Aarau
Wunderbar ausgeruht machte ich mich heute Morgen wieder mit viel Sonnenschein auf den Weg in den jüngsten Schweizer Kanton, den Jura. Ich fühlte mich auch nach fast 1000 Kilometern immer noch fit und meine wurden Tag für Tag immer besser und stärker. Von Moutier führte die Route durch ein enges Tal hinunter nach Delemont. Den jurassischen Hauptort kannte ich bis anhin nur von der Landkarte und deshalb war ich gespannt was mich erwartete. Delemont hat eine schmucke Altstadt mit der auffälligen Saint-Marcel Kirch und dem Schloss. Auffallend waren ebenfalls die vielen schönen Brunnen die an allen Ecken zu sehen waren.
Weiter ging die Fahrt auf dem Radweg hinunter nach Basel. Der schöne Radweg verlief mehrheitlich neben der Birs. Es war eine gemütliche erholsame Fahrt, denn es ging immer leicht bergab. Vorbei an Laufen, Aesch und Arlesheim landeten wir mitten in der Stadt Basel. Basel hat ganz gut ausgebaute Radwege auch in der Stadt. Ein kleiner Spaziergang durch die Altstadt führte mich zu den Sehenswürdigkeiten von Basel. Das Münster mit dem Münsterplatz, der Marktplatz mit dem auffälligen roten Rathaus, die bekannte Mittlere Rheinbrücke oder das Spalentor. Auch Basel ist eine wunderschönte Stadt mit den alten und aussergewöhnlichen Häusern. Es war ziemlich viel los in der Stadt, so dass ich mich entschied mich langsam Stadtauswärts zu bewegen. Mittlerweilen waren dunkle schwarze Wolken am Himmel zu sehen, was nichts Gutes erahnen liess. Schon bald war ich beim St. Jakobs-Park und radelte nach Muttenz, wo ich auf einer Parkbank am Waldrand gemütlich mein Picknick genoss. Ich hatte in Laufen in einer Bäckerei einen Zopf gekauft der Aktion war. Wie heisst es so schön; billig ist nicht gleich gut. Der Zopf war wahrscheinlich gestern schon alt! Mit etwas Wasser ging das ganze viel besser runter.
Schon bald erreichte ich meinen 17. Hauptort, Liestal. Sehenswert in Liestal ist das alte Törli, welches der Eingang zur Altstadt bildet. Auf einem ansehnlichen Haus in der Altstadt erspähte ich an der Hauswand ein Gemälde von unserem Bruder Klaus. In Liestal gibt es übrigens eine Pfarrei Bruder Klaus! Nach einem kurzen Aufenthalt folgte ich dem Radweg 3 der Nord-Süd-Route weiter nach Sissach. Plötzlich bemerkte ich jedoch, dass ich nicht mehr auf den Radweg 3 war sondern auf einer anderen Route. So nun hatte ich mich das erste Mal gröber verfahren. Das war sehr ärgerlich, weil die letzten Kilometer ging es stets leicht bergauf und nun ging es wieder 3 Kilometer zurück auf den richtigen Weg. Das Wetter spielte Katz und Maus mit mir. Mal regnete es kurz, dann wieder nicht mehr. Das mühsame bei solchem Wetter ist, dass man ständig seine Kleider wechseln muss. Regenjacke und Regenhose anziehen, ausziehen, anziehen……
Nun stand die letzte Herausforderung des heutigen Tages vor mir. Ich wagte mich nach 2011 zum zweiten Male über die Schafmatt. Ein Aufstieg auf 840 M.ü.M. der mir auf meiner ersten Etappe ans Nordkap im Jahr 2011 die letzten Kräfte ausriss. Mit ganz viel positiver Energie ging ich in die Steigung. Doch schon bald wurde die Strasse immer steiler und meine Beine immer schwächer. Ich kämpfte mich mühsam Meter für Meter hinauf. Zwischendurch musste ich sogar absteigen und mein vollbeladenes Rad, das vom Gefühl her etwa 10 Tonnen wog, stossen. Es war brutal und ich habe mir geschworen, dass ich das letzte Mal über diesen Hügel fahre. Stolz und erleichtert erreichte ich den Gipfel und freute mich auf eine rasante Abfahrt hinunter in den Kanton Aargau. Kurze Zeit später erreichte ich mein Etappenziel Aarau. Für heute Nacht habe ich mir wieder ein Hotelzimmer gesucht, denn kurz nach meiner Ankunft hat es begonnen zu regnen oder besser umschrieben, es hat gegossen. Meinen abenteuerlichen Tag rundete ich mit einer köstlichen selbergemachten Minestrone und einer grossen Portion Penne im Hotelrestaurant ab.
11. Reisetag 24. Juni 2014 / 112 km / Total 1272 km
Aarau – Brugg – Bad Zurzach – Schaffhausen – Frauenfeld
Der heutige Tag begann mit leichtem Regenschauer. Schon früh machte ich mich auf den Weg um die Stadt Aarau zu besichtigen. Aarau die Stadt an der Aare wird auch die Stadt der schönen Giebel genannt. Die bemalten Dachhimmel an zahlreichen Häusern der malerischen Altstadt sind einzigartig. Der Obertorturm ist das Wahrzeichen der Stadt und der höchste Stadtturm der Schweiz. Bei kühlen Temperaturen verliess ich Aarau kurz nach 9 Uhr und fuhr der Aare entlang nach Rupperswil und Brugg. Dort machte ich einen ersten Halt und genoss die schöne Landschaft. Hier fliesst die Reuss und die Limmat in die Aare. Nicht um sonst wird diese Gegend das Wasserschloss der Schweiz genannt. Eine faszinierende Landschaft und das im Kanton Aargau. Die Regenklamotten konnte ich mittlerweilen verstauen, denn die Sonne schien nun und es war angenehm warm geworden. Der Weg führte nun durch kleine Ortschaften und über einige kleinere Hügel nach Bad Zurzach. Dort überquerte ich den Rhein und war nun in Deutschland unterwegs. Ich folgte dem Wegweiser nach KüssabUrg, das meinte ich auf jeden Fall. Nach zwei Kilometern und 200 Höhenmetern war ich Schweiss gebadet auf einem Hügel angekommen und die Strasse war zu Ende. Ich war auf dem KüssabErg! Die schöne Aussicht konnte mich über den dummen Umweg auch nicht wirklich trösten! So ging es wieder runter und auf dem richtigen Weg weiter durchs Klettgau zurück in die Schweiz. An der Grenze hat mich der Schweizer Zöllner rausgenommen. Er kontrollierte meine ID in seinem Büro und fragte mich aus, was ich alles dabei habe. Ich habe ihm von meiner Tour erzählt, was ihn dann bewog, mich doch noch durchzuwinken. Wenn ich meine Taschen hätte leeren müssen, hätte ich wahrscheinlich eine mega Krise gehabt.
In Neuhausen war ich beim atemberaubenden Rheinfall. Ein faszinierendes Naturschauspiel, wie die Wassermassen über den Felsen donnern. Von dort war es dann noch eine kurze Strecke bis zum nächsten Kantonshauptort Schaffhausen. Der Munot, die eindrucksvolle Stadtfestung hoch über der Stadt und dem Rhein ist das Wahrzeichen von Schaffhausen. In der Altstadt gönnte ich mir in einem Kaffee ein Stück Schokoladentorte bevor es dann wieder über den Rhein ging Richtung Frauenfeld.
Eine sehr schöne Landschaft die ich das durchradeln durfte. Schon fast ein Paradies, denn sie heisst eine Ortschaft in dieser Gegend. Sanfte Hügel, viele Felder und Wiesen waren zu sehen und weit hinten am Horizont waren die Berge zu sehen. Ein himmlischer Ausblick! Ich kam zügig voran und als ich die Thur überquert hatte war ich in Frauenfeld, dem Hauptort vom Kanton Thurgau angekommen. Ein kleines Jubiläum, denn mit Frauenfeld hatte ich bereits den 20. Hauptort erreicht. Im Süden der Frauenfelder Altstadt steht das Schloss Frauenfeld, welches zugleich das Wahrzeichen der Stadt ist. Nach einem Trip durch die Stadt und einem kleinen Einkaufsbummel fuhr ich zum Camping der direkt an der Murg liegt. An diesem ruhigen und idyllischen Ort schlug ich mein Zelt auf. Der Empfang des Campingwartes war etwas rüppelhaft doch bis zum Schluss wurden wir gute Freunde. Ein erlebnisreicher Tag der mit Regen in Aarau begonnen hatte ging nun mit einem herrlichen Sommerabend in Frauenfeld zu Ende.
12. Reisetag 25. Juni 2014 / 101 km / Total 1373 km
Frauenfeld – Wil – Gossau – Herisau – St. Gallen – Appenzell – Urnäsch – Wattwil
Ein wunderbarer Morgen erwartete mich. Das Zusammenpacken dauerte heute etwas länger, weil alles sehr feucht war und zuerst getrocknet werden musste. Die Weiterfahrt führte mich der Murg entlang nach Wil. Doch zuerst machte ich Matzingen bei einer Bäckerei halt und genoss mein Frühstück. Unglaublich was ich da alles wieder verdrückte. Ich war ganz flott unterwegs und erreichte schon bald Will und anschliessend Gossau. Von dort folgte ein kleiner Aufstieg zum nächsten Hauptort. Herisau und der Kanton Appenzell Ausserrhoden war somit erreicht. Die Sonne war leider verschwunden und dicke Wolken machten sich am Himmel breit. Das schreckte mich aber nicht ab von einem Dorfrundgang per Rad. Das Wetterhaus mit seinen markanten grün verzierten Fensterläden und das Regierungsgebäude mit den gemalten Appenzeller Sujets an der Fassade gefielen mir am besten. Natürlich habe ich als Zwischenverpflegung einen Appenzeller Biber verdrückt bevor es wieder runter ging nach St. Gallen. Es dauerte nicht lange und ich war im Zentrum der Olmastadt. St. Gallen hat eine faszinierende Altstadt mit vielen aussergewöhnlichen Häusern und Bauten. Das imposanteste Bauwerk ist jedoch die mächtige und stattliche Stiftskirche. Auf eine St. Galler Bratwurst habe ich heute verzichtet und habe etwas Süsses vorgezogen. Eine Erdbeerstange und eine Nussschnecke habe ich verdrückt bevor es zum roten Platz vor dem Hauptsitz der Raiffeisen ging. Als Raiffeisenmitarbeiter natürlich ein Muss.
Von dort startete ich zum Aufstieg nach Appenzell. Auf der Karte suchte ich mir den kürzesten Weg, doch der war nicht der einfachste. Es ging ständig rauf und runter, typisch Appenzell. Leiter hatte es nun auch begonnen zu regnen, nein es goss wie aus Kübeln. Ich hatte alle meine Regenutensilien angezogen und war das erste Mal auf meiner Tour bei so misslichen Bedingungen unterwegs. Schon bald erreichte ich den Hauptort von Appenzell Innerrhoden; Sönd Willkomm im Appezöllerland. Das Dorf Appenzell mit den buntbemalten Häusern ist einzigartig und wunderschön. Der Landsgemeindeplatz mit dem markant roten Hotel Säntis im Hintergrund ist auch im Regen aussergewöhnlich schön. Die Leute sind hier sehr herzlich und nett. Gemäss meinem Wetter-App sollte der Regen in den nächsten zwei Stunden aufhören. Sie gönnte ich mir im Café Zum Drei König einen Kaffee und eine Himbeertorte und einen Chriesi-Kuchchen und einen Mandelgipfel. Bevor es mir dann definitiv schlecht wurde, habe ich mich wieder auf den Sattel geschwungen und weiter im Regen durchs Appenzellerland geradelt. Doch schon in Gonten zeigte sich die Sonne wieder und in Urnäsch war es dann wieder so warm, dass ich mit kurzarm und kurzer Hose weiterfahren konnte. Das Appenzellerland mit seinen sanften Hügeln ist eine traumhafte Landschaft. Im Hintergrund war nun auch das Alpsteingebirge mit dem Säntis zu sehen.
Aussergewöhnlich sind die Bauernhöfe die immer mit dem Wohnhaus zusammengebaut sind. Sie sind auf jedem Hügel, überall und alle sind im gleichen Stil gebaut und unterscheiden sich vor allem durch die Fassadenfarbe. Für die Radfahrer ist das Appenzell eine Herausforderung, weil es ständig rauf und runter geht. Man sieht von einem Hügel zum nächsten und weiss, dass der Weg nur durchs Tal führt. Nach Urnäsch erreichte ich den Höhepunkt auf 1068 M.ü.M. und via Hemberg ging es steil und rasant runter nach Wattwil. Kurz vor dem nächsten Regenguss erreichte ein Hotel. Gestern Camping und heute wieder etwas mehr Luxus, schliesslich war es die letzte Nacht auf meiner Tour de Suisse. Nachdem ich heute fast nur süsses verzerrt hatte gönnte ich mir zum Abendessen ein Zürcher Geschnetzeltes und zum Dessert gewann die Schweizer Fussballnati 3:0 gegen Honduras.
13. Reisetag 26. Juni 2014 / 136 km / Total 1509 km
Wattwil – Rickenpass – Rapperswil – Zürich – Sihltal – Zug – Luzern – Sarnen
Voll motiviert freute ich mich auf meinen letzten Reisetag. Das Wetter freute sich mit mir, ein letztes Mal Sonnencreme einschmieren und ab ging es auf den Rickenpass. Die Passhöhe auf 800 M.ü.M. war bald erreicht und auf der anderen Talseite war bereits der Zürichsee zu sehen. Was für eine Aussicht! Wir leben hier in der Schweiz in einer unglaublich schönen und vielseitigen Gegend. Die Abfahrt führte mich nach Rapperswil und anschliessend der Goldküste entlang. Zwischen See und Rebbergen führte mich die Strasse in den grössten Schweizer Hauptort nach Zürich. Zuerst machte ich Halt auf dem neuen Sechseläutenplatz und genoss die Sonne, mein Mittagessen und das Leben! Die Sightseeingtour führte mich zum Grossmünster, Fraumünster zum Bürkliplatz und wieder zum See. Sogar drn viel diskutierte Züricher Hafenkran habe ich gesehen, bevor es auf der anderen Seeseite wieder Stadt auswärts ging. Zürich erinnerte mich ganz fest an Genf. Du kommst von der einen Seeseite, die City am Seeende und auf der anderen Seeseite gehst du wieder.
Von Kilchberg folgte nochmals ein harter Aufstieg der mich nach Adliswil und ins Sihltal führte. Die schlangenförmige Strasse führte mich Entlang der Sihl auf der Hauptstrasse durch den Sihlwald. Irgendwie war ich von der Gegend gelangweilt, es war zwar schön aber trotzdem etwas eintönig. Von Sihlbrugg waren es dann nur noch wenige Kilometer bis zum zweitletzten Hauptort. So war die Kolinstadt Zug bald erreicht und ich genoss einen Boxenstopp in der Zuger Altstadt am See. Ich kannte diesen Teil der Stadt Zug bisher noch nicht und war sehr überrascht von den bunten und prunkvollen Häusern. Das Wahrzeichen der Stadt ist er 52 Meter hohe Zytturm. Nach diesem überraschenden Städtetrip fuhr ich auf dem wunderschön gelegenen Radweg dem Zugersee entlang nach Rotkreuz und Luzern. In der Stadt Luzern war um 17 Uhr ein riesen Verkehrschaos. Mit dem Rad bin ich aber trotzdem zügig durch den Stadtverkehr gekommen und war schon bald am Lopper. Nun war ich wieder zu Hause im wundervollen Sarneraatal umzingelt von einer schönen Bergkette die sich idyllisch in den Seen spiegelt. Auf dem offiziellen Radweg durch das Naturschutzgebiet am Wichelsee entlang erreichte ich den letzten Schweizer Kantonshauptort, mein Heimatdorf Sarnen.
Glücklich und zufrieden bin ich zu Hause angekommen. Ich war sehr dankbar, dass alles so gut verlief, keine Panne, kein Umfall alles ging gut. Natürlich war ich auch etwas stolz auf mich. Auf dieser Tour durfte ich viele schöne Orte und Landschaft in unserer schönen Schweiz kennen lernen. Ich habe viel erlebt, hatte viele interessante Begegnungen und habe das Tourenleben richtig genossen. Man kann tatsächlich sagen: Wir wohnen da, wo andere Urlaub machen!
Zahlen
Strecke 1509 Kilometer, durchschnittlich 116 km/Tag gefahren, 101 Stunde unterwegs während 13 Tagen, 16‘700 Höhenmeter überwunden und Abfahrten genossen, keine Panne und Defekte